Wenn die Info fehlt, dass etwas fehlt
Ein junger Mann möchte dauerhaft in Deutschland leben und arbeiten. Einen Job hat er schon, die dauerhafte Arbeitserlaubnis fehlt ihm noch. Obwohl er eigentlich Anspruch auf ein Arbeitsvisum für vier Jahre hat, stellt ihm die Behörde nur ein Visum für ein Jahr aus. Den Grund dafür erfährt er nicht – die Frage nach dem Warum bleibt offen, Frust und Enttäuschung sind groß.
Behördenhandeln nachvollziehbar machen! Dieser Fall zeigt: Wenn ein Amt anders entscheidet als beantragt, dann ist es umso wichtiger, beim amtlichen Bescheid auch gleich die Begründung dafür mitzuliefern.
Der junge Mann, wir nennen ihn Herrn Y, lebt seit Anfang 2022 dauerhaft in Deutschland. Er hat einen verantwortungsvollen Job im technischen Support eines weltweit tätigen Solarenergie-Konzerns, er verdient gut – und schafft es neben seiner Vollzeitarbeit, Sprachkurse zu besuchen: Nach anderthalb Jahren, wir sind inzwischen im Juni 2023, hat er die Kurse fürs Sprachniveau A2 abgeschlossen und mit dem Kurs für B1 begonnen.
Vor einem halben Jahr, als sein anfänglicher Aufenthaltstitel ablief, hat Herr Y ein Arbeitsvisum für die Dauer von vier Jahren beantragt. Nach ein paar Monaten bekommt er Bescheid vom Amt für Ausländer-und Staatsangehörigkeitsrecht: Der Antrag sei geprüft, der Aufenthaltstitel vorbereitet. Ihm wird ein Termin genannt, zu dem er bitte persönlich auf dem Amt erscheinen und ein aktuelles Lichtbild, Ausweisdokument und 93 Euro für die fällige Gebühr mitbringen soll. Dort erfährt er dann: Sein Arbeitsvisum gilt nur für ein Jahr. Warum nicht für vier? Das erfährt er nicht. Er will telefonisch bei seiner Sachbearbeiterin nachfragen, aber die, so sagt man ihm, arbeitet inzwischen woanders – und eine andere Ansprechperson könne man ihm nicht nennen.
So nimmt Herr Y Mitte Juni Kontakt zu uns auf und schildert, wie viel Zeit und Nerven ihn der seit anderthalb Jahren andauernde Kampf um verschiedene Aufenthaltstitel kostet. Von den zuständigen Behörden bekomme er keine Hilfestellung und auf Nachfragen meist keine Antwort.
Tags darauf fragen wir unter der allgemeinen E-Mail- Adresse der Ausländerbehörde nach: Wir bitten um Stellungnahme, warum man Herrn Y keine Ansprechperson zuweisen kann und warum das Arbeitsvisum nur auf ein Jahr ausgestellt wurde – gibt es hierfür besondere Gründe?
Nach zwei Wochen meldet sich die Ausländerbehörde bei Herrn Y: Man könne seine Enttäuschung und sein Unverständnis gut verstehen. Durch den Wegfall seiner Sachbearbeiterin sei es zu einem Rückstau gekommen. Aktuell befinde sich die Behörde in einem Transformationsprozess, der vor allem auch das Ziel habe, die Erreichbarkeit wieder deutlich zu verbessern. Man werde Herrn Ys Anliegen klären. Mitte Juli teilt das Amt uns und Herrn Y mit: Für seine Sachbearbeiterin sei noch keine Nachfolge gefunden, deshalb habe man zeitnah keine direkte Ansprechperson zur Klärung von Herrn Ys Rückfragen nennen können. Das bedauere man sehr. Weiter führt das Amt aus, dass von Ausländern, die sich längerfristig oder dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten möchten, eine Integration in Form des Erlernens der deutschen Sprache erwartet werde. Laut Akte lägen der Behörde aber keine Nachweise über den aktuellen Sprachstand von Herrn Y vor. Man gehe davon aus, dass dies der Grund für die lediglich einjährige Verlängerung des Aufenthaltstitels war.
Herr Y legt der Ausländerbehörde die geforderten Sprachzertifikate vor und das Amt versichert, sie bei der nächsten Verlängerungsprüfung zu berücksichtigen. Wenn Herr Y dann die übrigen Voraussetzungen weiterhin erfüllt, könne der Aufenthaltstitel für eine längere Geltungsdauer verlängert werden.
Unser Fazit lautet: Wenn die Behörde bei ihrem Bescheid auch gleich den Grund angeführt hätte, weshalb der Aufenthaltstitel nur für ein Jahr statt für vier ausgestellt worden ist, dann hätte sie bei dem Betroffenen viel Ärger und Frust vermeiden können.
Ein älterer Mann will von einem Polizeibeamten eine Auskunft haben, wird barsch abgewiesen, unangemessen angeredet, schließlich aus dem Weg geschubst. Eine Passantin wird Zeugin der Szene. Was im Vorfeld vorgefallen war, hat sie nicht mitbekommen, sie weiß aber: So geht’s ja nicht! Das Geschehnis will sie nicht einfach abhaken, ruft bei der nächstgelegenen Polizeiwache an und will das Erlebte berichten. Und hat prompt ein zweites „So nicht!“-Erlebnis: Der Wachhabende wimmelt sie einfach ab, ungehört. Unerhört!
Feedback für beide Seiten: Eine Frau bekommt das (scheinbar) unangemessene Verhalten zweier Polizeibeamter nachvollziehbar erklärt. Die wiederum bekommen gespiegelt, wie ihr Vorgehen auf Außenstehende wirkt – und damit die Chance, ihre Arbeit künftig (noch) besser zu machen.
Was also hat die Passantin Frau P an jenem Nachmittag des 3. Dezembers 2022 miterlebt? Sie sieht den älteren Mann auf einen Polizeibeamten zugehen und hört, dass er ihn um eine Telefonnummer bittet, bei der er anrufen könne. Klar also, dass vor Ps Erscheinen schon irgendetwas im Gange gewesen sein muss. Jetzt bekommt sie mit, dass der Polizist sehr barsch erwidert: „Nein, geh jetzt weg! Du sollst abhauen!“ Der Beamte geht zu seinem Wagen, der Mann folgt ihm, wiederholt seine Bitte. An der Fahrertür des Wagens angelangt, streckt er dem Beamten einen Ausweis entgegen, hält aber Abstand, etwa 1,5 Meter. Der Beamte steigt ins Auto, der Mann bleibt neben dem Fahrzeug stehen. P schätzt, dass der Abstand so groß war, dass der Beamte ohne Probleme hätte losfahren können. Doch der steigt aus und stößt den Mann mit großem Kraftaufwand weg. Später wird Frau P diesen Vorgang uns gegenüber als „unangemessen und grundlos heftig“ beschreiben.
Keine halbe Stunde nach diesem Vorfall ruft Frau P ein nahes Polizeirevier an, ein Beamter meldet sich, P fragt ihn, wo sie ein unangemessenes Verhalten der Polizei melden könne. Statt Auskunft zu geben, habe er ihr erläutert, dass sie als Bürgerin gar nicht richtig einschätzen könne, ob ein Fehlverhalten der Polizei vorgelegen habe. Eine pauschale Belehrung, ohne den Sachverhalt zu kennen – überhaupt habe der Beamte keinerlei Interesse gezeigt, zu erfahren, was denn geschehen war. Erst nach mehrmaligem Nachhaken habe er P gesagt, dass sie im Internet nach Anlaufstellen suchen könne.
So stößt Frau P auf die Bürgerbeauftragte und nimmt noch am selben Abend über das Formular auf unserer Website Kontakt zu uns auf. Sie beschreibt die Vorfälle in groben Zügen, am 9. Dezember telefonieren wir ausführlich darüber. Besonders stößt P auf, dass ein körperlicher Übergriff des Polizeibeamten auf einen alten, körperlich unterlegenen Mann nicht angemessen und auch nicht erforderlich gewesen sei – für sie habe es den Anschein gehabt, dass der Mann nur eine (in dieser Situation vielleicht unwillkommene) Frage gestellt hat. Das anschließende Telefonat mit dem Polizeirevier schildert sie uns als wenig hilfreich.
So weit also Ps Sicht auf das Geschehen. Diese geben wir am 14. Dezember an das Polizeipräsidium weiter und bitten um Stellungnahme. Am 30. Dezember schreibt uns der zuständige Revierleiter: Der beschriebene Vorgang und die beteiligten Polizeibeamten konnten zugeordnet werden, es sei damals zu einer Festnahme gekommen, an der jener ältere Mann vermutlich als Angehöriger oder Unterstützer des Festgenommenen beteiligt war – jedenfalls habe er mehrfach versucht, die Festnahme zu verhindern. Er habe herumgeschrien und versucht, zu der festgenommenen Person zu gelangen. Das von Frau P beobachtete Geschehen sollten wir nicht isoliert von dieser Vorgeschichte betrachten. Dennoch könne der Revierleiter nachvollziehen, dass die Anwendung direktiver Ansprache und einfacher körperlicher Gewalt auf Außenstehende irritierend wirken kann. Aus den Stellungnahmen der beteiligten Beamten gehe hervor, dass die Anwendung des unmittelbaren Zwangs nachvollziehbar, erforderlich und auch nicht unverhältnismäßig gewesen sei, da die verbale Kommunikation nicht dazu geführt habe, das unangemessene Verhalten des Mannes zu unterbinden. Nicht zu tolerieren sei jedoch der zitierte Wortlaut in der „Du“-Form: Er werde den Polizeibeamten mit diesem Fehlverhalten konfrontieren.
Zum Anruf beim Polizeirevier führt er an: Der beteiligte Beamte habe auf die Option, dass man auch online an die Polizei herantreten kann, nur deshalb hingewiesen, weil Frau P es abgelehnt habe, zur Klärung des Sachverhalts eine Polizeidienststelle aufzusuchen. Mitten im Telefonat sei hinzugekommen, dass dieser Beamte einen Einsatz mit flüchtenden Tatverdächtigen koordinieren musste und das Telefonat deshalb zügig beenden wollte.
Der Revierleiter bedauert, dass bei Frau P der Eindruck entstanden ist, die Polizei sei unangemessen tätig geworden und habe ihr Anliegen am Telefon nicht ausreichend ernst genommen. Für den Fall, dass bei Herr D sucht das Gespräch mit der städtischen Anti-diskriminierungsstelle. Im Februar 2022 wendet er sich an die Bürgerbeauftragte des Landes und schildert uns die Vorfälle. Es geht ihm sowohl darum, den Einsatz der Taschenlampe bei der Kontrolle im vergangenen November ins rechte Licht zu rücken, als auch darum, endlich eine Antwort auf seine Beschwerde aus dem Jahr 2019 zu erhalten. Und nicht zuletzt berichtet Herr D uns, was er auch bei seiner Dienstaufsichtsbeschwerde angegeben hatte, was dort aber ohne Berücksichtigung blieb: Die Art und Weise, wie die Taschenlampe eingesetzt worden ist, kann jemand bezeugen. Ein Nachbar von Herrn D hat die gesamte Verkehrskontrolle im November 2021 miterlebt.
Wir nehmen Kontakt zu dem Nachbarn auf, bald liegt uns dessen schriftliche Beschreibung des Geschehens vor. Wir recherchieren, um wie viel Uhr die Abenddämmerung an jenem Tag im November begann. Und kommen zu dem Schluss: Zweifelhaft ist, ob es bereits dämmrig und der Einsatz einer Taschenlampe damit begründbar war. Eindeutig aber ist die Aussage des Nachbarn: mehrfaches gezieltes Leuchten in Ds Gesicht.
Anfang April 2022 fassen wir die beiden Vorfälle in einem vierseitigen Schreiben an das Polizeipräsidium zusammen und bitten darum, deren Zweck- und Rechtmäßigkeit zu prüfen und das Auftreten des Beamten zu beurteilen. Für uns besteht Anlass zur Sorge, dass versucht wurde, Herrn Ds Vorwurf zu entkräften, indem das Ausleuchten der Kontrollstelle vorgeschoben wurde. Auch wollen wir wissen, ob es zu dem Vorfall im Jahr 2019 noch Unterlagen gibt und ob Ds damalige Beschwerde geprüft wurde und zu Maßnahmen innerhalb der Polizei geführt hat. Und ob es ähnliche Beschwerden über den Polizeibeamten gibt wie jene von Herrn D. Wir schildern, dass Herr D keine andere Erklärung für die Art und Häufigkeit der Kontrollen finden kann als seine Hautfarbe und der Polizei Racial Profiling vorwirft.
Im Mai erklärt uns das Polizeipräsidium, dass keine Beschwerde Herrn Ds aus dem Jahr 2019 vorliege und die Daten zur damaligen Verkehrskontrolle aufgrund gesetzlicher Fristen bereits gelöscht seien. Unsere Ausführungen habe man weitergeleitet: Die Staatsanwaltschaft solle ermitteln. Die erlässt im beschleunigten Verfahren einen Strafbefehl gegen den Polizeibeamten, der legt Einspruch ein, 2023 kommt es zu einem Gerichtsprozess.
Der Verdacht einer versuchten Nötigung lässt sich im Prozess dann nicht erhärten. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage auf die Aussagen Herrn Ds und seines Nachbarn, plädiert schlussendlich aber auf Freispruch des Polizeibeamten. Ob es ein Fall von Racial Profiling war, kann nicht geklärt werden. Für Herrn D ist das bitter. Er dankt dem Team der Bürgerbeauftragten für das Engagement, bleibt aber dabei: Er fühlt sich von dem Polizeibeamten nach wie vor rassistisch diskriminiert. Nur beweisen lasse sich das eben nicht.
Das Polizeipräsidium war und ist davon überzeugt, dass alles richtig gelaufen sei – ohne auf offensichtliche Fehler in der Argumentation wirklich einzugehen. Zum Beispiel: Warum kam eine Taschenlampe zum Einsatz, wenn es noch gar nicht dunkel war? Für uns bleiben Fragen offen. Positiv sehen wir, dass das Polizeipräsidium den Vorfall zum Anlass genommen hat, seine Beamtinnen und Beamten hinsichtlich der Durchführung von anlasslosen Verkehrskontrollen zu sensibilisieren.
Was, wenn man kein smartes Mobiltelefon besitzt und auch zu Hause keine Möglichkeit hat, online zu gehen und Tickets auszudrucken? Kein Smartphone, kein Drucker, kein Zutritt – so stellt sich die Situation für einen Mann dar, der vorhat, im Januar 2023 die Messe CMT zu besuchen. Als ganz so exklusiv erweist sich die „weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus und Freizeit“, wie sie sich selbst bezeichnet, dann zwar nicht. Begründet ist der Unmut des Bürgers dennoch: Für Menschen, die offline sind, also keinen Zugang zum Internet haben, macht die Landesmesse Stuttgart den Messebesuch nicht nur schwerer, sondern auch teurer.
Bitte nicht behindern: Dieser Fall verdeutlicht die zunehmende Diskriminierung von Menschen, die nicht online gehen können oder wollen. Geht es um den Besuch einer Veranstaltung, sollte der Kauf einer Eintrittskarte weiterhin offline möglich sein und darf auch nicht zu Benachteiligungen führen.
In seinem Bekanntenkreis sind viele Seniorinnen und Senioren, die den Besuch der CMT aus dem Terminkalender gestrichen haben. Denn sie können entweder nicht online gehen oder finden den Ticketkauf am Computer zu kompliziert oder sie haben keine Möglichkeit, die online gekaufte Eintrittskarte auszudrucken. Auch keine Option: das Hochladen des Tickets auf ein Handy, mit dem man nur telefonieren und SMS schreiben kann. Das teilt uns im Januar 2023 Herr C mit, der bis dahin ein Stammgast der CMT war. Er empört sich über die ausschließliche Buchung von Tickets via Internet und darüber, dass Rabattcodes nur noch online eingelöst werden können. Auf der Homepage der CMT steht ganz klar, der Besuch sei „nur mit einem vorab gebuchten Online-Ticket möglich. Die Kassen vor Ort sind geschlossen.“
Herr C meint, dass Seniorinnen und Senioren, aber auch jüngere Menschen, die keinen Zugang zu Internet und Drucker haben, dadurch behindert und vernachlässigt, ja diskriminiert werden. Er fragt: Spielen diese Personengruppen für die Landesmesse Stuttgart denn überhaupt keine Rolle?
Diese Frage stellt Herr C erst einmal der Messegesellschaft. Er schildert detailliert, weshalb der Online-Ticketkauf für ihn und seinesgleichen zu Benachteiligungen führt, und schließt: „Eine solche Diskriminierung von Senioren, die nicht online sind, darf sich nicht wiederholen!“
Im Antwortschreiben der CMT steht, man tue alles dafür, Gastgeber für jeden Menschen zu sein, und wolle ein bestmögliches Messeerlebnis für die Gäste der CMT erreichen. Weil die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs im Tagesticket inklusive sei, erhalte man mit einem Online-Ticket die Möglichkeit, bereits bei der Anreise den ÖPNV kostenfrei zu nutzen. Ein vor Ort gekauftes Ticket könne nur noch für die Heimfahrt genutzt werden. Zudem vermeide man so Wartezeiten an den Kassen. Der Zuständige versichert, man werde keinen Gast abweisen – es werde auch auf dem Messegelände die Möglichkeit geben, Tickets zu kaufen. Zum Thema Gutscheine und Rabatte verliert er kein Wort.
Also bittet Herr C das Team der Bürgerbeauftragten, tätig zu werden und fragt uns: „Könnten Sie nicht die Messe veranlassen, künftig auch wieder ohne Nachteile Tickets an der Tageskasse zu verkaufen?“ Wir können Herrn Cs Unmut sehr gut nachvollziehen. Die Gesellschafter der Messe Stuttgart GmbH sind je zur Hälfte die Landeshauptstadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg. Das Land hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit der Antidiskriminierungsstelle für Vielfalt und Toleranz zu werben und über die Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu wachen. Für uns ist daher unverständlich, dass die Gesellschafter allein auf einen digitalen Zugang setzen und damit bewusst einen Teil der Älteren von einem Messebesuch ausschließen oder diesen unverhältnismäßig erschweren. Mit diesem Hinweis bitten wir die Messe um Stellungnahme. Ergänzend führen wir an, dass wir den Weg zur Digitalisierung zwar begrüßen, dies aber nicht dazu führen darf, dass Teile der Gesellschaft dadurch diskriminiert und ausgeschlossen werden. Wir fordern die Messe auf, die Bedenken der Seniorinnen und Senioren ernst zu nehmen und für ein niederschwelliges Angebot auf der Messe zu sorgen. Vor Corona gab es außerdem die Möglichkeit, an den Schaltern des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) ein KombiTicket zu lösen. Wir wollen wissen, warum es dieses Angebot nicht mehr gibt.
Die Messegesellschaft antwortet, der Verkauf von KombiTickets via VVS sei wegen fehlender Nachfrage eingestellt worden. Der Verkauf von Eintrittskarten an der Tageskasse werde aber weiterhin gewährleistet – die auf der Homepage veröffentlichte Fehlinformation, es sei nur noch der Kauf von Online-Tickets möglich, habe man umgehend korrigiert. Zu Beginn des Jahres 2023 sei die Anzahl der Ticketautomaten an den beiden Messeeingängen sogar deutlich erhöht und mit Touchscreen-Geräten modernisiert worden. Hostessen stünden bereit, um den Kundinnen und Kunden weiterzuhelfen, „wenn es einmal klemmt”. Für die Messe sei dies ein wichtiges Serviceangebot, obwohl die Mehrkosten dafür nicht einmal ansatzweise durch die drei Euro Aufschlag an der Tageskasse ausgeglichen würden.
Unser Fazit lautet: Die Messe war zwar bemüht, Herrn Cs Anliegen ein Stück weit Rechnung zu tragen. Der Vorwurf der Altersdiskriminierung konnte dennoch nicht gänzlich ausgeräumt werden. Da eine weitergehende Einflussnahme außerhalb unserer Zuständigkeit liegt, leiten wir die beiden Antwortschreiben an Herrn C weiter und informieren ihn darüber, dass das Land Baden-Württemberg eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet hat, um über die Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu wachen. Ganz ausdrücklich zählt hierzu auch die Altersdiskriminierung. Wir empfehlen Herrn C, sich an die hierfür zuständige Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung zu wenden.
Auf der Internetseite der CMT ist im Januar 2024 zu lesen: „Gegen einen Aufpreis von 3,00 € kannst du Eintrittskarten an den SB-Kassen vor Ort erwerben. Dort entfällt die ÖPNV-Option, Rabatte sind nicht anwendbar. Da es zu längeren Wartezeiten kommen kann, empfehlen wir den Kauf eines Online-Tickets.“
Da baut ein Doppelhaus-Nachbar in einer Nacht- und Nebelaktion, jedenfalls ohne die erforderliche Genehmigung durch die Baubehörde, einen Wintergarten bis zur Grundstücksgrenze und sogar darüber hinaus. Aller Protest nutzt nichts: Der Wintergarten darf stehen bleiben. Aber eine Brandmauer muss her. Muss sie? Ein Hin und Her an Gutachten, Bescheiden und Widersprüchen hält den nachbarschaftlichen Konflikt über Jahre am Köcheln. Wann endlich spricht die Behörde das letzte Wort, weshalb braucht sie so lange für ihre Entscheidung?
Raus aus der Schwebe: Durch unsere Intervention rückt ein vor vielen Monaten eingelegter Widerspruch wieder in den Fokus der zuständigen Behörde. Ihr Entscheid hat endlich Klarheit in den seit Jahren schwelenden Streit unter zwei Nachbarn gebracht.
Die beiden Nachbarn sind sich sowieso schon sehr nah, wie das in einem Doppelhaus eben so ist. Doch da baut der eine die Überdachung seiner Terrasse in 2017 zu einem Wintergarten aus und rückt dem anderen dadurch noch mehr auf die Pelle: Dessen Wohn-und Schlafzimmerfenster liegen direkt daneben, nur 80 Zentimeter von der neuen Glaswand entfernt. Hinter der fortan ganzjährig lautes Treiben bis in die Morgenstunden herrscht. Als wäre der Lärm nicht schon genug, leuchten farbige Wechsellichter die Nachbarwohnung taghell aus – in manchen Nächten ist dort an Schlaf nicht mehr zu denken. Weil alles Bitten um Rücksicht nicht fruchtet, schaltet der solchermaßen gestörte Nachbar (Herr N) einen Anwalt ein, der den Wintergartenbesitzer (Herrn W) im November 2019 beim Landratsamt meldet: War diese Nutzungsänderung denn bekannt und erlaubt? Weder noch. Zudem stellt sich heraus, dass Herr W den Brandschutz nicht beachtet hat. Der Wintergarten wird aber trotzdem nachträglich genehmigt.
Dagegen legt Herr N Widerspruch ein, woraufhin das Regierungspräsidium als zuständige Widerspruchsbehörde dem Landratsamt als Entscheidungsbehörde empfiehlt, das Errichten einer Brandmauer anzuordnen. Was im Juli 2021 auch geschieht. Herr N freut sich schon, denn eine solche Mauer würde die Lärm- und Lichtbelästigung deutlich eindämmen. Doch dann legt Herr W ein Gutachten vor, das bescheinigt: Der vorhandene Brandschutz reiche aus. Dieser Einschätzung folgt das Landratsamt im September 2021. Nach Herrn Ns erneutem Widerspruch empfiehlt das Regierungspräsidium im November 2021 dennoch, den Brandschutz nachzubessern. Also doch: Brandmauer. Wogegen nun Herr W im Mai 2022 Widerspruch einlegt.
Nachdem die Widerspruchsbehörde nach einem Jahr immer noch keine Entscheidung getroffen hat, wendet sich Herr N am 25. Mai 2023 an das Team der Bürgerbeauftragten. Die lange Bearbeitungsdauer ist für uns nicht nachvollziehbar, da das Regierungspräsidium ja bereits im Widerspruchsbescheid von Herrn N klar die Notwendigkeit einer Brandmauer bestätigt hat. Auf unsere Nachfrage hin teilt die Behörde Anfang Juni mit, dass der Anwalt von Herrn W Fristverlängerung für eine ergänzende Begründung verlangt hatte und diese folglich erst seit Februar vorliege. Man wolle den Widerspruch nun aber kurzfristig bearbeiten.
Ende Juli schließlich weist die Behörde Herrn Ws Widerspruch zurück und begründet ihre Entscheidung auf vier DIN-A4-Seiten ausführlich. Herr W muss eine Brandmauer errichten.
War die Verkehrskontrolle, der sich Herr D, ein Schwarzer Staatsbürger, unterziehen musste, tatsächlich anlasslos und angemessen? Ein von der Staatsanwaltschaft angestrengtes Gerichtsverfahren konnte immerhin so viel Licht ins Dunkel bringen, dass der angeklagte Polizeibeamte mit einem Freispruch aus dem Gerichtssaal ging und sogar der Betroffene kommentierte: Eine versuchte Nötigung ließ sich nicht belegen. Warum dennoch Zweifel bleiben, weshalb Herrn D zuvor die Hutschnur geplatzt ist und welche Rolle eine Taschenlampe dabei gespielt hat.
Gehört das Fahrrad Ihnen? Es gibt Radfahrerinnen und Radfahrer, die haben diese Frage bei einer Verkehrskontrolle noch nie gehört, und andere hören sie jedes Mal. Bedenklich wird es auch, wenn Menschen überdurchschnittlich oft kontrolliert werden und offenkundig keinen anderen Anlass dafür liefern als ihr Aussehen. Anklagen lässt sich das schwer: Gerichtsverhandlungen sind kaum geeignet, Lebenssachverhalte aufzuarbeiten und Vorverurteilende abzustrafen – denn wie lässt sich ein Beweggrund zweifelsfrei belegen? In diesem Fall sorgte ein strafrechtliches Verfahren immerhin für Öffentlichkeit und brachte ein für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger sehr belastendes Problem zur Sprache: Racial Profiling.
2018 hat Herr D angefangen, eine Liste zu führen über die bei ihm durchgeführten Polizeikontrollen: Innerhalb von knapp vier Jahren waren es fünf sogenannte anlasslose Verkehrskontrollen an seinem Heimatort – im Auto, auf dem Fahrrad oder dem Roller –, dazu ungezählte Personenkontrollen an Bahnhöfen inner-und außerhalb von Baden-Württemberg. Ein Vorfall bringt für Herrn D das Fass zum Überlaufen: Ein Polizeibeamter, der ihn bereits 2019 auf eine Art behandelt hat, dass er Beschwerde wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung einlegte, kontrolliert ihn im November 2021 erneut und unterzieht ihn ein weiteres Mal einer Prozedur, die Herr D als unrechtmäßig einstuft. Denn der Beamte versucht, ihm mit einer Taschenlampe in die Augen zu leuchten. Herr D hat schon lange den Eindruck, bei ihm werde stets in eine bestimmte Richtung geforscht – mal geht es um Drogenbesitz und mangelnde Fahrtüchtigkeit, mal um Diebstahl. D ist sicher, dass er zu solchen Verdächtigungen nie Anlass gegeben hat, und erkennt folglich nur den einen Grund: seine Hautfarbe. Das thematisiert er nun. Der Polizist leuchtet ihm weiter ins Gesicht, D dreht den Kopf wieder und wieder weg, doch dann geht der zweite Beamte dazwischen: Er hat die Papiere überprüft und gibt sie Herrn D zurück, die Kontrolle ist beendet. Obwohl diese Kontrolle für Herrn D zu den harmloseren gehört – immerhin musste er weder Urin noch Bluttest über sich ergehen lassen –, legt er eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Der Leiter des Polizeireviers antwortet ausführlich, kann aber kein Fehlverhalten erkennen und weist die Beschwerde zurück. Denn der Polizeibeamte habe die Taschenlampe nur verwendet, um wegen der einsetzenden Dämmerung das Kontrollgeschehen auszuleuchten.
Herr D sucht das Gespräch mit der städtischen Antidiskriminierungsstelle. Im Februar 2022 wendet er sich an die Bürgerbeauftragte des Landes und schildert uns die Vorfälle. Es geht ihm sowohl darum, den Einsatz der Taschenlampe bei der Kontrolle im vergangenen November ins rechte Licht zu rücken, als auch darum, endlich eine Antwort auf seine Beschwerde aus dem Jahr 2019 zu erhalten. Und nicht zuletzt berichtet Herr D uns, was er auch bei seiner Dienstaufsichtsbeschwerde angegeben hatte, was dort aber ohne Berücksichtigung blieb: Die Art und Weise, wie die Taschenlampe eingesetzt worden ist, kann jemand bezeugen. Ein Nachbar von Herrn D hat die gesamte Verkehrskontrolle im November 2021 miterlebt.
Wir nehmen Kontakt zu dem Nachbarn auf, bald liegt uns dessen schriftliche Beschreibung des Geschehens vor. Wir recherchieren, um wie viel Uhr die Abenddämmerung an jenem Tag im November begann. Und kommen zu dem Schluss: Zweifelhaft ist, ob es bereits dämmrig und der Einsatz einer Taschenlampe damit begründbar war. Eindeutig aber ist die Aussage des Nachbarn: mehrfaches gezieltes Leuchten in Ds Gesicht.
Anfang April 2022 fassen wir die beiden Vorfälle in einem vierseitigen Schreiben an das Polizeipräsidium zusammen und bitten darum, deren Zweck- und Rechtmäßigkeit zu prüfen und das Auftreten des Beamten zu beurteilen. Für uns besteht Anlass zur Sorge, dass versucht wurde, Herrn Ds Vorwurf zu entkräften, indem das Ausleuchten der Kontrollstelle vorgeschoben wurde. Auch wollen wir wissen, ob es zu dem Vorfall im Jahr 2019 noch Unterlagen gibt und ob Ds damalige Beschwerde geprüft wurde und zu Maßnahmen innerhalb der Polizei geführt hat. Und ob es ähnliche Beschwerden über den Polizeibeamten gibt wie jene von Herrn D. Wir schildern, dass Herr D keine andere Erklärung für die Art und Häufigkeit der Kontrollen finden kann als seine Hautfarbe und der Polizei Racial Profiling vorwirft.
Im Mai erklärt uns das Polizeipräsidium, dass keine Beschwerde Herrn Ds aus dem Jahr 2019 vorliege und die Daten zur damaligen Verkehrskontrolle aufgrund gesetzlicher Fristen bereits gelöscht seien. Unsere Ausführungen habe man weitergeleitet: Die Staatsanwaltschaft solle ermitteln. Die erlässt im beschleunigten Verfahren einen Strafbefehl gegen den Polizeibeamten, der legt Einspruch ein, 2023 kommt es zu einem Gerichtsprozess.
Der Verdacht einer versuchten Nötigung lässt sich im Prozess dann nicht erhärten. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage auf die Aussagen Herrn Ds und seines Nachbarn, plädiert schlussendlich aber auf Freispruch des Polizeibeamten. Ob es ein Fall von Racial Profiling war, kann nicht geklärt werden. Für Herrn D ist das bitter. Er dankt dem Team der Bürgerbeauftragten für das Engagement, bleibt aber dabei: Er fühlt sich von dem Polizeibeamten nach wie vor rassistisch diskriminiert. Nur beweisen lasse sich das eben nicht.
Das Polizeipräsidium war und ist davon überzeugt, dass alles richtig gelaufen sei – ohne auf offensichtliche Fehler in der Argumentation wirklich einzugehen. Zum Beispiel: Warum kam eine Taschenlampe zum Einsatz, wenn es noch gar nicht dunkel war? Für uns bleiben Fragen offen. Positiv sehen wir, dass das Polizeipräsidium den Vorfall zum Anlass genommen hat, seine Beamtinnen und Beamten hinsichtlich der Durchführung von anlasslosen Verkehrskontrollen zu sensibilisieren.